Diagnose:  Du bist nicht allein

David Behre

Zu Beginn des Lebens erlernen wir das Gehen und die meisten Menschen verlernen das Gehen zeitlebens nicht mehr. David Behre lernte in seinem Leben zweimal gehen. Bei einem Unfall verlor er beide Füße und erlernte mit 21 Jahren das Gehen auf zwei Unterschenkelprothesen neu. Während Menschen mit zwei gesunden Beinen über den Bewegungsablauf beim Gehen nicht nachdenken müssen, lernte David ganz bewusst seine Muskulatur anzusteuern und gezielt die Schritte zu setzen. Dabei hilft es ihm, dass er noch seine eigenen Kniegelenke hat. Doch auch die Prothesentechnik bietet heute zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten. Sensoren im Sprunggelenk erkennen beispielsweise den Untergrund und besitzen einen integrierten Stolperschutz. Beim Sprinten jedoch würde ein solches Sprunggelenk nur stören, daher gibt es eigene Sprintprothesen, die keine Ferse haben, sondern nur aus einer Feder bestehen.

David Behre

Nach seinem Unfall lernte David aber nicht nur das Gehen neu, sondern auch das Laufen, ja das Sprinten. Er wurde zum schnellsten Europäer ohne Beine und Shootingstar bei den Paralympics. Nach den Spielen in Tokio 2021 beendete David seine Sprinterkarriere und unterstützt heute andere amputiere Menschen auf ihrem Weg zurück ins Leben.

 

Besten Dank, David, dass wir uns für ein Gespräch treffen konnten. Zu Beginn vielleicht eine offensichtliche Frage: wie kam es dazu, dass Du heute nicht mehr auf Deinen eigenen zwei Füßen unterwegs bist?

 

David Behre: Ich war damals 20 Jahre jung, befand mich in der Ausbildung zum Fachinformatiker, das Leben lief richtig rund. Eines Morgens war ich mit meinem Fahrrad unterwegs und wollte einen Bahnübergang überqueren – die Schranken waren geöffnet. Als ich gerade über das erste Gleis fahren wollte, kam von rechts ein Zug, der mich erwischte. Ich hing wohl noch für rund 100 Meter an der Lok. Der rechte Fuß kam unter das Rad der Lokomotive, einige Meter weiter auch der linke. Der Zugführer bemerkte davon nichts und es gab auch keine Zeugen. Ich schaffte es irgendwie, mich in ein Dornengebüsch zu retten, wo ich drei Stunden lang lag. Nach diesen drei Stunden wurde ich wach und wollte aufstehen. Schnell merkte ich, dass ich nicht aufstehen kann. Ich sah an mir herunter und sah nur noch Blut und dass meine Füße fehlen. In diesem Moment trieb mich nur noch ein Gedanke an: dort wollte ich nicht alleine elendig versterben. Dieser Gedanke gab mir so viel Kraft, dass ich mich den Bahndamm heraufrobbte und um Hilfe schrie. Diese Rufe hörte eine Anwohnerin, die zu mir eilte und die Rettungskräfte alarmierte. Kurze Zeit später sah ich auch schon den Rettungshubschrauber über mir.

 

Bei Deiner Ausführung merke ich, dass die Erinnerungen an die Situation noch sehr präsent sind. Wie geht es Dir heute damit?

 

David Behre: Da ich rundum mit meinem Leben auf Prothesen zufrieden bin, nicht zuletzt auch durch den Berufssport, geht es mir sehr gut damit. Ich vermisse meine Füße nicht und ich würde sie auch nicht wiederhaben wollen, weil ich ein wirklich erfülltes Leben mit Prothesen führe. 2013 schrieb ich eine Biografie und hinten auf dem Buchrücken steht, dass mir nichts Besseres hätte passieren können. Damit stoße ich natürlich vielen amputierten Menschen vor den Kopf, die sich ein Leben mit allen Gliedmaßen zurückwünschen. Dieser Satz hört sich zwar brutal an, aber man muss ihn in Relation sehen. Als Kind wollte ich immer Berufssportler werden und fuhr seit meinem fünften Lebensjahr Motorcross. Ich war im Motorcross aber zu schlecht, um Berufssportler zu werden. Zwar wurde ich auf brutalste Art und Weise aus dem Leben gerissen, aber ich wurde Berufssportler auf Prothesen. Das Leben, das ich mir als Kind erhofft hatte, führe ich jetzt – wenn auch über Umwege. Von daher bin glücklich mit dem Leben, das ich mit beiden Prothesen führe.

 

Das klingt so leicht, aber der Weg vom Rettungshubschrauber bis zu den Paralympics wird doch länger gewesen sein, oder?

 

David Behre: Richtig (lacht). Ich wurde notoperiert und ins künstliche Koma versetzt, sodass ich drei Monate in der Klinik lag. Allerdings sah ich ungefähr eine Woche nach dem Unfall auf der Normalstation eine Reportage über Oscar Pistorius. Für mich waren Prothesen etwas Neues und auch Oscar Pistorius kannte ich bis dahin noch nicht. Er hat die gleiche Behinderung wie ich. Im Fernsehbeitrag war zu sehen, wie er mit seinen Carbonprothesen andere Sportler mit zwei Beinen übersprintet und den Lauf als Amputierter gewinnt. Ich war so fasziniert, inspiriert und motiviert, dass ich in diesem Moment wusste, dass ich solche Prothesen brauche, um schnell zu rennen. Natürlich wusste ich noch nicht, was alles dazu gehört, Leistungssport auf Sportprothesen zu betreiben. Die zweite positive Wendung im Krankenhaus war mein 21. Geburtstag: ich feierte diesen Tag mit achtzig lieben Menschen zusammen. Es war für mich unglaublich wichtig, diesen Rückhalt zu erfahren. Ich glaube, dass wenn ich die Zeit alleine hätte durchstehen müssen, ich es nicht geschafft hätte. Aber ich wusste immer, dass wenn ich einen Tiefpunkt habe, es viele Menschen gibt, die mich wieder hochziehen.

 

War Dir also noch im Krankenhaus klar, dass Du Berufssportler auf Prothesen werden möchtest?

 

David Behre: Im Krankenhaus formulierte ich das Ziel, dass ich bei den Paralympics 2012 in London starten und gegen Pistorius laufen möchte. Ich wusste auch, dass es ein ambitioniertes Ziel ist (lacht), aber ich setzte kleine Etappenziele. Das erste Ziel erreichte ich, als ich nach drei Monaten die Klinik verlassen durfte. Im Krankenhaus verstand ich mich mit der Physiotherapeutin so gut, dass ich dort auch eine ambulante Reha absolvierte. Meine Physiotherapeutin schaffte es, mir innerhalb von drei Wochen das Laufen wieder beizubringen. Ich kam mit Gehhilfen in die Klinik und hatte Angst vor dem Laufen. Zu Beginn stand ich im Gehbarren und hatte Angst, umzufallen. Ich lernte dann, dass ich jeden Schritt ganz aktiv vorher denken muss. Drei Wochen lang trainierte ich das Laufen. Danach konnte ich die Gehhilfen in die Ecken schmeißen und auf den Prothesen gehen. In diesem Moment erreichte ich das nächste Etappenziel. So ging es Schritt für Schritt weiter. Das nächste Ziel war es, mit den Hunden wieder spazieren gehen zu können. Dafür brauchte ich wieder drei Monate. Mein damaliger Orthopädietechniker erklärte mir, dass ich mit meinen damaligen Prothesen nicht joggen könnte. Im Wald probierte ich es schließlich aus und es lief – Grenzen sind da, um sie einzureißen. Der nächste Schritt bestand darin, einen geeigneten Verein zu finden – so kam ich zu Bayer Leverkusen. Ich lernte Heinrich Popow kennen, der mich zu einem Sportfest in Leverkusen einlud, bei dem ich zum ersten Mal live paralympische Athleten mit Prothese sah. Ich war so begeistert, dass ich nach Leverkusen zog, um hier meinen Sport machen zu können.

 

Die Leverkusener Trainingsgruppe ist mit vielen namhaften Para-SportlerInnen versehen: Markus Rehm, Irmgard Bensusan, Johannes Floors, Vanessa Low und Du eben auch. Wie kann ich mir Deinen Trainingseinstieg vorstellen?

 

David Behre: Gewissermaßen war ich einer der ersten dieser Trainingsgruppe. Ich kam nach Leverkusen und forderte direkt die Sprintprothesen ein. Dieser Zahn wurde mir schnell gezogen (lacht). Heinrich Popow, der Orthopädietechniker und APT-Gründer Thomas Kipping und mein Trainer Karl-Heinz Dürr lehnten diesen Wunsch ab. Ich musste erst einmal Stabilisations- und Krafttraining machen, um den Körper darauf vorzubereiten, die Sprintprothesen tragen zu können. Ein halbes Jahr absolvierte ich nur solche Trainingseinheiten. Es war eine harte Zeit, weil ich unbedingt diese Prothesen haben wollte. Retrospektiv war das Training aber genau richtig. Deswegen bin ich ein Freund von Mentoren – man muss nur auf sie hören (lacht). Es war wichtig, dass ich viele tolle Menschen an meiner Seite hatte. Schließlich bekam ich aber meine Sportprothesen, auf denen ich mich auch passabel anstellte. Zwei Wochen später flog ich nach Lanzerote in mein erstes Trainingslager – es war 2009, zwei Jahre nach dem Unfall. Dort fing ich an spezifisch mit Tempoläufen zu trainieren.

 

Zwei Jahre nach Deinem Unfall warst Du auf dem besten Weg in die Weltspitze. Das empfinde ich als sehr schnell.

 

David Behre: Das ging auch relativ schnell. Es war so, dass Ende 2009 eine Weltmeisterschaft anstand. Ich ging niemals davon aus, dass ich mich dafür qualifizieren würde. Allerdings trainierte ich viel und es gab einen letzten Wettbewerb, um sich zu qualifizieren. Der fand in Leverkusen statt. Ein Jahr zuvor sah ich erstmalig paralympische Athleten – 2009 durfte ich bei ihnen schon mitlaufen. Die Qualifizierungsnorm war über 100m genau 12.30 Sekunden. Ein gutes Pferd springt nur so hoch wie es muss: ich lief 12.29 Sekunden und qualifizierte mich für die WM. Zwei Monate später flog ich mit der deutschen Mannschaft nach Indien und bei der WM dort lief es schon überragend: ich wurde Vizeweltmeister über 100m in 11.66 Sekunden, Vizeweltmeister über 200m und Weltmeister mit der 4x100m-Staffel (lacht). Ich war geflasht und füllte mich wie ein Heliumballon. In diesem Höhenflug erinnerte mich meine Schwester daran, wo ich eigentlich hin wollte: zu den Paralympics. Es war wichtig, dass ich wieder geerdet wurde. Also trainierte ich weiter hart, um es nach London zu schaffen.

 

 

„Dabei lernte ich, dass Hilfe suchen keine Schwäche, sondern ein Zeichen von Stärke ist.“

~ Mit den richtigen Menschen an seiner Seite überstand David Behre auch schwierige Zeiten im Leben – heute besucht er als Peer andere Betroffene im Krankenhaus. 

 

 

Was Du auch geschafft hast. In London trafst Du, wie Du es Dir vorgenommen hattest, Oscar Pistorius und bist gegen ihn gestartet.

 

David Behre: Tatsächlich traf ich ihn zuvor schon bei der Weltmeisterschaft in Christchurch, Neuseeland im Jahr 2011. Auf dem Einlaufplatz ging ich zu ihm hin und erzählte ihm, dass er der Grund ist, warum ich den Sport mache. Ich berichtete ihm vom Fernsehbeitrag und wie er mich motivierte. Er war ergriffen und meinte, dass genau dies auch ein Grund sei, warum er den Sport ausübt: Menschen wie mich zu motivieren. Seit diesem Tag besuche ich selbst in vielen Kliniken Menschen, die Extremitäten verloren haben und stehe ihnen als Peer zur Seite. Noch 2011 sprach ich in einem Krankenhaus erstmalig mit einem anderen Betroffenen. Diese Aufgabe gibt mir noch viel mehr als jede Medaille. Menschen zu motivieren und ihnen Hoffnung zu geben, ist eine wunderschöne Aufgabe.

 

Wie genau sieht diese Aufgabe aus?

 

David Behre: Viele Menschen, die ich besuche, wissen vor meinem Besuch nur, dass wieder jemand vorbeikommt. Ich komme in das Zimmer und sie sehen unter einer langen Hose nicht, dass ich amputiert bin. Wenn ich von mir und meiner Geschichte erzähle, habe ich sie schon abgeholt. Daraus entwickeln sich tiefgründige Gespräche, bei denen ich aber auch ehrlich aufzeige, wie viel Kraft es kostet, sich ins Leben zurückzukämpfen. Man braucht ungefähr die doppelte Kraft für einen ganz normalen Schritt im Vergleich zu jemandem mit zwei Beinen. Ich möchte sie dabei unterstützen, dass sie zurück in den Alltag, in ihren Beruf kommen – ich möchte niemanden in den Leistungssport bringen. Viele erreiche ich schon mit einem Gespräch, andere begleite ich auch über einen längeren Zeitraum. Die Kontakte werden tatsächlich über die ÄrztInnen vermittelt. Der Peer ist immens wichtig und ich möchte erreichen, dass die Peerunterstützung Teil der Therapie sein muss. Aber das Thema muss noch weiter vorangetrieben werden, woran ich auch arbeite. Beispielsweise sollte nicht jede amputierte Person einfach als Peer unterwegs sein, sondern vorher eine Art Ausbildung zum Peer erhalten. Auch fehlt bei vielen ÄrztInnen noch die Akzeptanz für Peers.

 

Wie sind denn die Reaktionen Deiner GesprächspartnerInnen, wenn sie erfahren, dass ein gestandener Paralympicssieger vor ihnen steht?

 

David Behre: In einem Krankenhaus ist es so, dass der Arzt den Betroffenen vor dem Gespräch mein Buch schenkt. Ein Sachbuch schreibt man nicht, um damit Geld zu verdienen, sondern um Menschen zu helfen. Es ist immer schön, wenn meine GesprächspartnerInnen vorinformiert sind. Aber ich besuche sie nicht als „der paralympische Athlet“, sondern ich komme als Selbstbetroffener dorthin. Viele empfinden es schon als angenehm, dass ich ihre Geschichten verstehen kann. Ich weiß, was es heißt, lange im Krankenhaus zu sein und die Schmerzen zu haben. Zwar ist es bei mir schon lange her, aber die Zeit ist immer noch omnipräsent. Ich bin einfach Gesprächspartner und nehme mir die Zeit. Im Krankenhausalltag kommt Zeit immer zu kurz – dafür ist dann vielleicht ein Peer notwendig.

 

Bei den Spielen in Tokio 2021 beendetest Du Deine sportliche Karriere, aus Rio 2016 brachtest Du einen ganzen Medaillensatz nach Hause und in London 2012 erlebtest Du Deine ersten Spiele – was war bei all diesen Erlebnissen Dein Highlight?

 

David Behre: Das waren natürlich meine ersten Spiele in London: das Stadion war mit 80.000 Menschen immer ausverkauft. Es war atemberaubend. Als ich zum ersten Mal in das Stadion kam, fühlte ich mich wie ein Gladiator – es war wirklich unglaublich. Bei meinen zweiten Spielen in Rio freue ich mich natürlich über den sportlichen Erfolg. In Tokio waren es ganz andere Spiele zu Pandemiezeiten und gleichzeitig mein Abschied von der paralympischen Bühne. Für mich galt da der olympische bzw. paralympische Gedanke: dabei sein ist alles. Ich wollte dort unbedingt hin, um ganz bewusst meine sportliche Karriere zu beenden. Es ist absolut in Ordnung, dass ich dort keine Medaille gewann. Ich bin Mitte 30 – der Körper hat so viele Baustellen –, da ist es okay, dass ich nicht mehr vorne mitlaufe. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Karriere, aber auch glücklich damit die Leistungssportkarriere jetzt beendet zu haben. Der Körper ist fertig (lacht). Außerdem habe ich eine kleine Tochter zuhause. Als Leistungssportler ist man viel unterwegs und das möchte jetzt nicht mehr, sondern meine Tochter aufwachsen sehen. Es war richtig, jetzt den Schnitt zu machen und beruflich durchzustarten.

 

Bei der Para-Leichtathletik-Europameisterschaft 2018 in Berlin wurdest Du schmerzlich vermisst, da Du wegen einer Verletzung nicht starten konntest. In Deiner Karriere hattest Du immer wieder mit Verletzungen zu tun und musstest auf die Spiele in Tokio auch noch ein Jahr länger warten. Wie geht es Dir damit?

 

David Behre: In Rio sagte ich nach dem tollen sportlichen Erfolg, dass ich noch vier Jahre weitermachen möchte, um die Spiele in Tokio als Sportler mitzuerleben. Ab 2017 war ich eigentlich dauerhaft verletzt. Dennoch hatte ich die Bereitschaft, mich im Training zu quälen und hatte auch noch Spaß am Sport. Mental war ich gut so gut aufgestellt, dass ich wusste, dass ich bis 2020 gegen die Schmerzen arbeiten könnte. Dann wurden die Spiele verschoben – ungünstig für mich, aber es ging noch. Dennoch war es eine Plackerei. Leistungssport ist eben kein Gesundheitssport, aber ich wollte unbedingt nach Tokio, um mich dort von der großen Bühne zu verabschieden. Natürlich hätte ich mir dabei auch Zuschauer gewünscht, aber es ist eben wie es ist. Die anderen SportlerInnen freuen sich zurecht auf die Spiele in Paris 2024 und ich freue mich genauso auf diese Spiele, allerdings als Zuschauer. Das möchte mir dann auch noch antun (lacht).

Aufgrund Deiner Verletzungen musstest Du immer wieder gegen Rückschläge kämpfen. In jedem Leben gibt es die kleinen und großen Rückschläge. Hast Du einen Tipp, wie man damit gut umgehen kann?

 

David Behre: Man braucht immer ein Ventil und ein gutes Umfeld. Allgemein hilft es, wenn man mit einer positiven Grundeinstellung das Leben erlebt. Es ist schwierig, jeden Rückschlag alleine aufzufangen. Ich berede mit meinem Umfeld sehr viel. Auch hatte ich immer ein Hobby, um auf andere Gedanken zu kommen. Als es mir nicht gut ging, fing ich an, wieder Gitarre zu spielen. Als Kind lernte ich das Gitarre spielen und fing es eben wieder an. Heute gehe ich sehr gerne mit meiner Tochter in die Natur. Außerdem lese ich sehr viel. Ich flüchte ein bisschen, um mich abzulenken. Es bringt nichts, wenn man sich in ein Thema verbeißt. Erst dann könnte ein Tiefpunkt richtig groß werden. 2015 verspürte ich so einen großen Druck, dass ich aus dem Sport heraus musste. Ich konnte nicht mehr abschalten, nicht mehr schlafen. Ich fing daher an, Dinge, die mich beschäftigt haben, vor dem Schlafen gehen aufzuschreiben. So setze ich mich mit den Themen und den Problemen auseinander. Das half mir sehr. Es gibt immer Strategien, um aus einem Tiefpunkt herauszukommen. Wenn es nicht mehr geht, muss man sich aber auch Hilfe suchen. Ich sprach damals einen Sportpsychologen an. Ich forderte Hilfe ein und bekam sie auch. Dabei lernte ich, dass Hilfe suchen keine Schwäche, sondern ein Zeichen von Stärke ist.

Für Dich beginnt bei APT-Prothesen Deine zweite Karriere. Was sind Deine Aufgaben dort?

 

David Behre: Seit 2017 bin ich Gesellschafter der APT-Vertriebsholding, mir gehört also ein Teil. Irgendwann kann ich mir vorstellen, weitere Aufgaben zu übernehmen. Meine aktuelle Aufgabe besteht darin, das Peer-Thema weiterzubringen. Aber ich plane auch Veranstaltungen, um z. B. PhysiotherapeutInnen fortzubilden. Außerdem sind wir dabei die App „Prothesengemeinschaft“ weiterzuentwickeln, um noch mehr Interaktion zu ermöglichen. Gleichzeitig möchte ich über die App anderen ProthesenträgerInnen Fitness vermitteln. Für jede / n ProthesenträgerIn ist Fitness absolut wichtig. Die Prothese läuft nicht von alleine, sondern sie wird immer noch durch den Menschen bewegt. Für mehr Fitness im Alltag muss aber der innere Schweinehund besiegt werden. 

 

Mich motivierst Du mit diesem Gespräch auf jeden Fall ungemein. Vielen Dank für die tollen Ausführungen und gutes Gelingen bei Deinen nächsten Projekten!

 

Das Interview führte Katharina Tscheu.